Komm her!

Die zwölf Jünger Jesu standen einmal in einer sehr gefährlichen Situation. Mitten auf dem See Genezareth waren sie mit ihrem Schiff in einen großen Sturm geraten. „Das Schiff litt Not von den Wellen, denn der Wind stand ihnen entgegen“, berichtet uns die Bibel. Inmitten dieser schwierigen Notlage näherte sich ihnen ihr Meister. Er war ihnen näher, als sie es ahnten. In Seinem trostvollen „Ich bin‘s“ lag schon die erste, beruhigende Hilfe. Sie wussten: Wo Er ist, da ist auch immer die notwendige Hilfe. So hatten sie es schon mehrfach erlebt. Als Petrus den Meister erkannt hatte, rief er aus: „Herr, bist Du es, so heiße mich zu Dir kommen auf dem Wasser.“ Und Jesus sprach: „Komm her!“ Damit ging Petrus eine gewaltige Glaubensprobe ein. Der Bibel-übersetzer Hans Bruns merkt dazu an: „Glauben heißt: Jesus als Herrn erkennen und anrufen. Glauben heißt: Auf Seinen Befehl warten. Glauben heißt: in der Nähe Jesu leben wollen. Glauben heißt: Wagen! Vor allem, wenn Jesus ruft: „Komm her!“ Glauben heißt: Nicht auf die Schwierigkeiten sehen, sondern sich dem Herrn zuzuwenden und die Erfahrung zu machen, dass Er uns ergreift und hält! Glauben heißt: Auch die Demütigungen hinzunehmen, die wir brauchen und die uns heilsam sind.“ – Auf diesen Glauben kommt es an.

Die Jünger standen vor schwierigen Zeiten. Jetzt sollten sie lernen, auch in schweren Stürmen Stand zu halten. Jetzt, wo der Boden unter ihren Füßen immer unsicherer zu werden drohte, lehrte sie Jesus in spezieller Art, auf Ihn zu blicken. Petrus brachte hier wirklich einen sehr großen Glauben auf. Aber in dem Moment, da er seinen Blick vom Herrn abgewandt hatte, begann er zu sinken und schrie: „Herr, hilf mir!“ Da griff ihn Jesus mit rettender Hand und ließ ihn seine kraftvolle Hilfe erfahren. Bei Petrus ging „Glauben“ und „Groß-sein-wollen“ noch stark durcheinander. Bei dieser Erfahrung sah er plötzlich sich selbst – und Jesus! Auf Jesu Wort und Geheiß darf man viel wagen, nur muss dabei unser Blick ganz auf Ihn gerichtet bleiben. Man darf nicht auf die Hindernisse und Wellen schauen, sondern muss den König der Wellen im Auge behalten!

Welch ein gewaltiges und tröstliches Wort sagt Jesus in dieser Lage: „Komm her!“ Eine wohltuende und beglückende Wirkung liegt in diesem Wort! Wie bei Petrus, so hat es auch in vielen anderen Menschen Mut und Zutrauen geweckt. Viele haben es seither im Glauben gewagt, zu Jesus zu kommen.

Da saß ein junger Mann im Gottes-dienst. Sein Äußeres wirkte heruntergekommen, verwahrlost. Es war ihm anzusehen, dass er von einer verderblichen Strömung erfasst war. Jetzt saß er, dieses Treibens müde geworden, in der Bank und hörte der Predigt zu. In erstaunlicher Weise traf sie gerade auf seinen Zustand zu. „Sie gehen unter und nehmen ein Ende mit Schrecken“, so hieß das Thema. Betroffen ging er nach dem Gottesdienst hinaus; aber diese Worte gingen ihm nach. „Ich sinke immer tiefer“, so musste er sich selbst eingestehen, „und soll in dieser Strömung untergehen? Soll es auch mit mir zu einem Ende mit Schrecken kommen?“ Aber hatte er nicht auch das Mut machende „Komm her“ gehört und galt dieser Ruf nicht auch ihm? Am folgenden Abend trat er im Gottesdienst aus seiner Bank heraus, beugte seine Knie vor seinem Erlöser und machte einen Neuanfang mit Jesus!

Eine junge Frau berichtet von ihrer Seelennot. Sie war lange Zeit durch die größten Kirchen in ihrer Umgebung gegangen, sie hatte sich in allerlei Lesestoff vertieft, hatte nach Auswegen gesucht und sie nicht gefunden. Ihre Not wurde zunehmend größer. Da ging sie gedankenversunken an einem sonnigen Sonntagnachmittag ins Freie hinaus. Müde und fast verzweifelt ließ sie sich an einem stillen Feldgraben nieder. Hilfe suchend begann sie hier zu beten. Jesus stand ihr näher, als sie es dachte. „Komm her“, hörte sie Ihn liebevoll sagen. Sie empfand, wie Er sie mit Seiner segnenden Gegenwart umgab. Nur zu Ihm wollte sie – und Er nahm sie an. Sie erlebte die Vergebung und die Not ihrer Seele war vorüber!

Im Einzelzimmer eines Krankenhauses lag ein schwer kranker Mann. Nach ärztlichem Befund hatte er nur noch wenige Tage zu leben. Er ließ seinen Seelsorger wissen, wie es um ihn steht. Der war gekommen, um ihm innere Hilfe zu leisten. Der Kranke wusste viel, aber hatte wenig geglaubt. Der Prediger las ihm eine biblische Verheißung nach der anderen vor. Doch der Kranke nahm sie nicht an. Er sah sich hoffnungslos verloren und meinte, die vorgetragenen Verheißungen seien für jeden anderen, aber nicht für ihn. Er war in tiefen Zweifel versunken, und da er auch jetzt nicht glaubte, sank er noch tiefer. Er sah seine Schuld, er gedachte seines langjährigen Unglaubens, er schaute auf die sündhafte Vergangenheit seines Lebens und auf seine absolute Hilflosigkeit. Der Prediger versuchte, ihm zuletzt noch klar zu machen, dass doch alle Menschen in die göttlichen Verheißungen eingeschlossen seien und fragte ihn, ob es überhaupt denkbar sei, dass er als Einzelner ausgeschlossen ist? Da ging ihm das erste Glaubenslicht auf. „Komm her“, so hörte er eine innere Stimme sagen, „warum zweifeltest du, o du Kleingläubiger?“ Da ergriff er im Glauben die ihm entgegengestreckte Hand, und die Rettung war geschehen! Und vor den Toren der Ewigkeit hörte er noch einmal das frohmachende, beglückende „Komm her!“ Ach, könnten wir es doch alle hören, wenn wir dort angekommen sind.

Christus, die große Freude

In der Christenheit ist das Weihnachtsfest immer ein Fest der Freude. Es hat den Anschein, als habe sich alle Freude in diesen einen Tag vereint. Eltern freuen sich, wenn sie ihren Kindern Freude bereiten können; und Kinder freuen sich über alles, was ihnen geschenkt wird. So scheint es, dass das Glück in ein Heim einzieht, da man bemüht ist, sich gegenseitig zu erfreuen. Oft geht das Freudebereiten auch über den Familienkreis hinaus und es werden Freuden hineingetragen in Heime, wo Leid und Trauer herrschen. Es ist Ausdruck des Wunsches, alle Menschen zu erfreuen und sie herauszuführen aus dem Dunkel, das so manchen einhüllt. Es soll durch die Freude Licht in den Herzen werden.

In der Weihnachtsgeschichte wird auch von Freude gesprochen. Doch ist es eine andere Freude als die zuvor beschriebene. Hier tritt ein Bote vom Himmel zu den Hirten auf Bethlehems Fluren und verkündigt eine Freude, die ihren Grund in der Geburt Jesu Christi hat. Er, der im Himmel wohnte, hat die Herrlichkeit verlassen, um Mensch zu werden und als Mensch den Menschen das langersehnte Heil zu bringen. Sein Geborenwerden gilt der Errettung der Menschen von ihren Sünden. Die Sklaven der Sünde sollten frei werden und in ein neues Leben eintreten, dass sie gelöst von allen Banden Gott dienen können. “Euch ist heute der Heiland geboren!” heißt es aus Engelmund. Die Stunde der Erscheinung des Heils Gottes ist da.

“Ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird”, hieß es. Nicht einzelne sollten Freude haben, sondern die Gesamtheit, das ganze Volk. Keiner war ausgeschlossen. Ein jeder sollte hineingezogen werden in den Freudenstrom. Er sollte alle mit seiner Kraft durchfluten und so eine Wandlung im Leben schaffen. Der Glanz eines neuen Tages brach an und Freude, völlige Freude sollte alle erfüllen.

Eigentlich hungern alle Menschen nach Freude. Das Leben ist oft sehr rau und hart und bringt Enttäuschungen. Menschen seufzen und können sich nicht mehr aufraffen. Ihnen ist das Leben so leer und inhaltslos geworden und Freuden sind nur noch in blasser Erinnerung. O wie groß kann die Sehnsucht werden nach beständigen Dingen, nach einer Freude, die bleibend ist! Doch wo ist sie zu finden? Durchgehe diese Welt, suche sie in den Vergnügungen, suche sie in der Natur, suche sie, wo immer du willst. Wenn nicht Christus deine Freude wird, wirst du immer leer bleiben. Denn alle Freuden der Welt verrauschen und lassen den Menschen vereinsamt stehen. Geht es dir so?

Die Religion der Bibel ist die der Freude. Ob im Alten oder Neuen Testament, immer wieder wird da von Freude gesprochen. Hier sind einige Schriftstellen:

“Vor Dir ist Freude die Fülle und liebliches Wesen zu Deiner Rechten ewiglich” Psalm 16,11. “Sie werden trunken von den reichen Gütern Deines Hauses, und Du tränkest sie mit Wonne als mit einem Strom” Psalm 36,9.

“Ich freue mich im Herrn, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott!” Jesaja 60,10 a.

Und Christus sagt: “Bittet, so werdet ihr nehmen, dass eure Freude vollkommen sei” Johannes 16,24.

Vom Gefängnisaufseher in Philippi lesen wir: “Und freute sich mit seinem ganzen Hause, dass er an Gott gläubig geworden war.” Apostelgeschichte 16,34.

Er hatte sich zu Gott bekehrt. Durch den Glauben an Christus Jesus hatte er Vergebung seiner Sünden empfangen und nun wusste er aufs Gewisseste, dass er ein Kind Gottes geworden war. So hatte er Freuden, die vom Herrn kamen und in ihrem Wesen wirklich rein und heilig waren.

Auch heute besitzt das Volk Gottes diese wahre Freude und kann selbst in dunklen Lebenslagen noch himmlische Freuden empfinden. Weihnachten, das Fest der Freude, will auch dich zum Herrn ziehen. Auch du sollst Ihn erleben und teilnehmen an der großen Freude, die der Engel mit folgenden Worten kundtat: “Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.”

Aus Nacht zum Licht

Lieber Leser, ich möchte dich zu einer abendlichen Feierstunde einladen. Sie fand vor etwa 60 Jahren in Deutschland in einem kleinen Kreis statt. Es war in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg. Die Runde hatte kurz vorher eine Reihe von weihnachtlichen Liedern gehört, jetzt saßen sie zusammen und sprachen über das Gehörte.

Manche hatten schon ihre Meinung gesagt, welches Lied ihnen am besten gefallen habe. Dann ergriff jemand, der bis dahin schweigend zugehört hatte, ein wenig verhalten das Wort: „Für mich gibt es eigentlich nur ein Adventslied, Paul Gerhardts ‚Wie soll ich Dich empfangen und wie begegne ich Dir?‘ Was in den Strophen dieses Liedes ausgedrückt wird, das habe ich erlebt, als ich äußerlich und innerlich im Dunkel saß.”

Wohl allen war das Schicksal dieser Frau bekannt, die überanstrengt und blass in ihrer Mitte saß. Ihr Mann war schon am Anfang des Weltkrieges gefallen, den einzigen Sohn hatten die letzten Kämpfe 1945 verschlungen. Seitdem hatte sie kein Lebenszeichen mehr von ihm bekommen. Geblieben war ihr nur eine 12-jährige Tochter und die alte Mutter, die sie bei sich aufgenommen hatte, nachdem sie ausgebombt wurden. Lange Zeit hatte sie nicht arbeiten können, da sie unter den harten Schlägen des Leides innerlich fast zerbrochen war. Inzwischen aber hatte sie ihre Tätigkeit wieder aufgenommen, und man konnte an der Art, in der sie mit den Menschen umging, etwas von einer inneren Kraft spüren, die ihr neu geschenkt worden war. Darum sahen sie alle erwartungsvoll an, hoffend, etwas von ihrem inneren Erleben zu hören und womöglich den Quell zu erblicken, aus dem sie neue, innere Kraft geschöpft hatte.

“Letzten Advent war’s, als ich völlig am Ende war. Meiner Arbeit, die ich im Sommer aufgenommen hatte, konnte ich nicht nachgehen; Stromsperre und Kälte machten das unmöglich. Wie Riesen stürmten die bitteren, klagenden und verzweifelnden Gedanken auf mich ein, und ich konnte ihnen nicht entrinnen. Nebenan saß Elisabeth und versuchte, auf dem Klavier die Melodie von Paul Gerhardts Adventslied zusammenzubringen. Ich hätte mit ihr gerade im Dämmern ein wenig adventlich feiern sollen. Ich wusste, dass sie sich danach sehnte, aber ich konnte mich nicht aufraffen. Wenn doch nur irgendetwas gewesen wäre, was die innere Starre löste! Hätte ich doch nur einmal weinen können! Nun begann Elisabeth nebenan zu ihrem Spiel die erste Strophe des Liedes auch noch zu singen. Leise, aber klar tönten die Worte zu mir herüber: ‚Wie soll ich Dich empfangen?‘ –

Das traf mich! Hatte ich in all den Jahren der Vergangenheit je daran gedacht, IHN zu empfangen? Damals, als wir noch sorglos zusammen saßen? Wir hatten doch alle nur an uns gedacht und völlig genug gehabt an uns selbst. Ich auch. Im Grunde war der Heiland Jesus Christus eine recht ferne, verschwommene Figur gewesen. Der Zauber der Stimmung hatte Ihn verdrängt, und keine Not in uns hatte nach Ihm die Hände ausgestreckt. Es ging uns ja gut! Gewiss, wir hatten auch damals gesungen: ‚O aller Welt Verlangen‘, aber wie oberflächlich war das gewesen. Hatten wir uns darum so verloren in der Welt und jeden Halt eingebüßt, weil wir immer nur uns selbst, aber niemals Ihm begegnet waren? Jetzt, in dem Zusammenbruch, der schier alles verschlungen hatte, was ich einmal besaß, empfand ich erst, wie arm der Mensch ist ohne Christus. Ich musste langsam dahinsiechen wie so viele andere, weil ich nur mich selbst kannte. Sollte noch einmal ‚mein Herz grünen in stetem Lob und Preis‘, dann musste ich IHN empfangen.

Da sind mir zum ersten Mal nach langen Jahren wieder Tränen gekommen. Tränen des Schmerzes, dass ich an meinem Heiland so lange vorübergegangen war. Tränen aber auch der Freude, dass Er dennoch zu mir kam. Ich bat Gott um Vergebung und tat aufrichtige Buße. Nun wusste ich: Jetzt bin ich ein Kind des Vaters im Himmel, weil Sein Sohn zu mir gekommen ist. Ich wusste, dass ich nun erst auf rechter Straße war, und dass ich nun künftig auch die Aufgabe erfüllen könne, ‚Seinem Namen zu dienen, so gut ich kann und weiß.“

Der glückliche Student

Der Sohn reicher Eltern studierte in Berlin. Er hatte in einer guten Gegend eine Wohnung im Haus einer freundlichen Familie  gefunden. Der junge Mann stellte nach einiger Zeit fest, dass seine Vermieter an jedem Mittwoch- und Sonntagabend zur gleichen Zeit das Haus verließen und dann gegen zehn Uhr wieder heim kamen. Ihn interessierte dieses und er fragte sie, ob er sie einmal begleiten dürfe. Sie erzählten ihm, dass sie eine christliche Versammlung besuchen und waren gern bereit, ihn mitzunehmen. So kam es, dass er zum ersten Mal in seinem Leben in einen Gottes-dienst ging. Als er in dem schlichten Saal saß und der Gottesdienst begann, hatte  er merkwürdige Empfindungen: Er fühlte, dass er eine Heimat für seine Seele gefunden hatte. Zur nächsten Versammlung war er wieder da, zur dritten gleichfalls, und als einige Wochen vergangen waren, da hätte man den blaßen, verlebten, müden, jungen Mann nicht wiedererkannt. Fröhlich rühmte er: “Ich habe den Herrn gefunden und meine Seele ist genesen!” Bald schrieb er einen glücklichen Brief an seine Eltern: “Vater, Mutter, freut euch mit mir. Ich habe den Heiland gefunden und bin ein neuer Mensch geworden.” Der alte Herr aber las den Brief und erbleichte. Nach einer kurzen Unterredung mit seiner Frau setzte er sich in den nächsten Schnellzug, fuhr nach Berlin, suchte seinen Sohn auf und sagte: “Mein Sohn, warum hast du uns das angetan? Tu, was du willst, verbrauche so viel Geld, wie du nur hast, ich will alles bezahlen; aber werde mir um alles in der Welt kein Ducker.” Da führte der Jungbekehrte den Vater auf den Dachboden, machte den Koffer auf, nahm den geladenen Revolver zur Hand, der oben darauf lag, und sagte: “Vater, diesen Revolver hatte ich mir gekauft, um mich zu erschießen. Das Leben ekelte mich so an, dass ich es fortwerfen wollte wie einen abgetragenen Handschuh. Wäre ich nicht in die Versammlung gekommen und zu Christus, so hättest du heute keinen Sohn mehr. Und jetzt musst du wählen zwischen dem Revolver und mir. Verbietest du mir, ein Christ zu sein, erschieße ich mich. So wie früher kann ich nicht mehr dahinvegetieren.” Was sollte der Vater tun? Er schwieg und fuhr wieder nach Hause. Gott fügte es so, dass dieser junge Mann es auch erleben durfte, dass seine Familie zum gleichen, fröhlichen Glauben fand. Als der Sohn Ferien hatte und heimkam, war seine Mutter in großen Sorgen. Aber siehe da, er war so fröhlich, so hilfsbereit, so bescheiden, dass sie eines Tages zu ihm trat und mit bewegter Stimme sagte: “Mein Sohn, wenn es dein Glaube gestattet, für eine Mutter zu beten, so bete für mich; ich brauche es.” Und nach einigen Monaten war die ganze Familie, Eltern und Kinder, zu Gott bekehrt.

Ein gutes Rezept

Herr Neumann war kürzlich von einem rücksichtlosen Menschen eine empfindliche Kränkung zugefügt worden. Gleichwohl fand ihn ein paar Tage darauf ein Freund heiter und wohlgemut. „Ich wundere mich,“ sagte dieser, „dass Sie so schnell darüber inweggekommen sind; wie machten Sie das?“ „Ja, das ist eigentlich ein Geheimnis,“ sagte jener lächelnd, „doch ich will’s Ihnen verraten; vielleicht hilft es Ihnen in ähnlichem Fall. Wenn mir so etwas widerfahren ist, so schweige ich ganz still davon und rede womöglich mit niemand darüber, denn ich finde, je mehr ich davon spreche, um so tiefer drückt sich der Stachel ein. Es mögen andere eine andere Natur haben, für mich ist’s am bestern, wenn ich dm Rat Luthers folge: Schweig, leid, meid und vertrag, deine Not niemand klag! Es ist in solchem Fall mit einem Gemüt wie mit einem Glas Wasser, in dem Sand und Schmutz ist. Wenn man beständig darin herumrührt, so bleibt das Wasser immer trübe; läßt man es ruhig stehen, so setzt sich der Schmutz, und das Wasser wird wieder klar.
Mein zweites Mittel besteht darin, dass ich daran denke, wie rasch mein Leben dahineilt und wie schnell ich am Ziel sein werde. Dann kommt mir das Eine, was not ist, so groß und das andere, worüber ich mich kränken muss, so klein vor, dass ich’s leicht abschütteln kann.
Und endlich mein drittes Mittel besteht darin, dass ich hingehe und jemand eine Freude mache. So tat ich auch diesmal. Ich nahm ein Geldstück und brachte es jemand, an dem es, wie ich weiß, gut angelegt ist. Als ich seine Augen aufleuchten und die Wangen sich röten sah in dankbarer Freude, da war auch all mein Ärger und Verdruss weg.“